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Presse - Abschlussbericht Kältemittel

Projektbericht über Versuche mit Fahrzeugen zur Entflammung und HF-Exposition mit Fahrzeugklimaanlagen bei Verwendung von R1234yf

Der Erkenntnisse im nachfolgenden Bericht wurden im Wesentlichen auf Basis der Unterlagen im Anhang entwickelt.

1. Einleitung

Gemäß der europäischen Richtlinie 2006/40/EG darf ab dem 01.01.2011 für neue EG-Typgenehmigungen nur noch ein Kältemittel für Klimaanlagen in Pkw (M1) eingesetzt werden, das einen GWPWert (Global Warming Potential) kleiner als 150 aufweist. Bei EG-Typgenehmigungen, die vor dem 01.01.2011 erteilt wurden, darf das bisherige Kältemittel R134a noch bis zum Ende des Jahres 2016 zum Einsatz kommen.

Die Auswahl des Kältemittels im Rahmen dieser Vorschrift obliegt allein den Fahrzeugherstellern. Im Jahr 2010 hatte sich die Automobilindustrie für den Einsatz des neuen, richtlinienkonformen Kältemittels R1234yf ausgesprochen. Bis zum Ende des Jahres 2012 kam unter Duldung der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedstaaten auf Grund von Lieferschwierigkeiten beim Kältemittel R1234yf bei allen Fahrzeugherstellern weiter das alte Kältemittel R134a zum Einsatz.

Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nimmt in Deutschland neben der Erteilung von Typgenehmigungen auch die Aufgabe der Marktüberwachung und damit der Produktsicherheit für Straßenfahrzeuge wahr und ist in dieser Eigenschaft bereits seit dem Jahr 2009 Hinweisen namhafter Institutionen nachgegangen, die besagen, dass durch den Einsatz von R1234yf als Kältemittel in mobilen Klimaanlagen neue Gefährdungen im Kraftfahrzeug auftreten könnten. Hierüber hatte das KBA auf den regelmäßigen Treffen der europäischen Typgenehmigungsbehörden, zu denen auch Vertreter der Europäischen Kommission stets eingeladen waren, mehrfach informiert. Darüber hinaus hat das KBA die Europäische Kommission bereits im April 2012 gebeten, Sicherheitsanforderungen für Klimaanlagen in das Typgenehmigungsverfahren für Kraftfahrzeuge aufzunehmen.

Im September 2012 äußerte der Fahrzeughersteller Daimler Sicherheitsbedenken in Bezug auf das Kältemittel R1234yf aufgrund eigener Untersuchungsergebnisse (Brandgefahr am Fahrzeug, Entwicklung von Flusssäure). Die Daimler AG stellte daher dessen Einsatz in Frage. Das Unternehmen hat als Konsequenz auch nach dem 01.01.2013 seine Fahrzeuge mit dem Kältemittel R134a ausgerüstet.

Das KBA hat aufgrund widersprüchlicher Einschätzungen verschiedener Fahrzeughersteller bezüglich des Brandverhaltens von R1234yf in Fahrzeugen nun eigene Untersuchungen durchgeführt. Ergebnisse wurden bereits in einem Vorabbericht, vorbehaltlich der detaillierten Ergebnisauswertung, veröffentlicht. Es haben sich in der Ergebnisauswertung keine wesentlichen Änderungen der Erkenntnisse ergeben.

2. Motivation

Nach dem Bekanntwerden der Fahrzeugversuche der Daimler AG im September 2012 und anschließend des VDA im Dezember 2012 mit jeweils deutlichen Gefahrenereignissen (Fahrzeugbrand sowie Fluorwasserstoff(HF)-Expositionen) waren verstärkende Verdachtsmomente hinsichtlich eines erhöhten Risikos durch den Einsatz von R1234yf in Fahrzeugen gegeben. Das KBA leitete eine Produktsicherheitsuntersuchung ein und informierte die Europäische Kommission darüber. Diese Untersuchung ergab zunächst widersprüchliche Aussagen verschiedener Hersteller zum Auftreten einer Entflammung und deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Eine Erhöhung des Brandrisikos durch R1234yf wurde in Gesprächen mit der Automobilindustrie grundsätzlich anerkannt, wenn auch unterschiedliche Auffassungen zur Eintrittswahrscheinlichkeit bestanden. Die auch weiter fortbestehenden widersprüchlichen Aussagen und das Fehlen von durch neutrale Stellen beauftragten Untersuchungen veranlassten das KBA, eigene Versuche zur Risikoabschätzung durchzuführen. Ziel dieser Versuche war es, herauszufinden, ob bei einem in der Realität vorkommenden Unfallszenario ein erhöhtes Risiko durch Brandentstehung und/oder Flusssäure-Exposition vorhanden sein könnte.

Dazu wurde eine Projektgruppe mit Experten aus den Fachbehörden des Bundes zusammengestellt. Beteiligt wurden die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung (BAM), die in ihrem Fachbereich für Gase und Gasanlagen mehrjährige Versuchserfahrung zur Brennbarkeit von Kältemitteln einbringt, die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) als Forschungsinstitut mit seinen herausgehobenen Kompetenzen in der Unfallforschung und passiven Fahrzeugsicherheit sowie als fachlicher Berater das Umweltbundesamt (UBA), das solche Versuche ebenfalls schon länger begleitet. Die übergreifende Leitung erfolgte durch den Produktsicherheitsbereich des KBA. Zur praktischen Versuchsdurchführung wurde der beim KBA anerkannte Technische Dienst TÜV Rheinland beauftragt. Dieser Technische Dienst verfügt über Crashanlagen sowie über beim KBA nachgewiesene Kompetenzen in allen Fachgebieten der Fahrzeugtypgenehmigung und kann profunde Erfahrungen in der Durchführung von Entflammungsversuchen von Kältemitteln in Fahrzeugen auch international aufweisen.

Die Europäische Kommission und die betroffenen Fahrzeughersteller wurden aus Transparenzgründen laufend beteiligt und in den Fortgang der Untersuchung eingebunden.

3. Auswahl Testszenario

Die Versuche des Herstellers Daimler zeigten an der B-Klasse und an Fahrzeugen weiterer Hersteller eine reproduzierbare Entflammung. Sie bildeten dabei den Ausgangspunkt für den Verdacht auf einen Produktsicherheitsmangel, der darin besteht, dass im Fahrzeug bei heiß gefahrenem Motor und nach einer eintretenden Kältemittelleckage ein Brand entsteht, der Fahrzeuginsassen und Ersthelfer gefährden könnte. In Folge des Brandes des Kältemittels R1234yf würde sich darüber hinaus Fluorwasserstoff bilden, der zu einer zusätzlichen Gefahr für Fahrzeuginsassen und Ersthelfer führen kann.

Obwohl als wahrscheinlichstes Szenario für das Eintreten eines derart relevanten Schadensbildes ein Crashszenario angesehen wird, das sich z. B. bei einem Auffahrunfall am Stauende auf der Autobahn ergibt, sind die Daimler-Versuche an unbeschädigten Fahrzeugen durchgeführt worden. Um im Versuch ein in der Realität vorkommendes Unfallszenario besser abzubilden, sollen bei der Untersuchung real nachgewiesene Schäden aus Crashversuchen einbezogen werden.

Dazu wurde auf Basis von in der GIDAS-Datenbank (GIDAS = German In-Depth Accident Study) erhobenen realen Unfalldaten durch die BASt die für solche Schadensbilder denkbaren Kollisionskonfigurationen beschrieben und ausgewertet sowie ein Test-Setup identifiziert. Dieses wurde auf Relevanz in der Gesamtpopulation der Unfälle überprüft und bezüglich der Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt.

Als Setup wurde ein Crashtest in Anlehnung an ECE R94 mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h ausgewählt, der in einer ersten Versuchsphase mit laufendem, betriebswarmen Motor sowie allen Betriebsflüssigkeiten ein realistisches Schadensbild herbeiführen soll. Die Eintrittswahrscheinlichkeit wurde für dieses Szenario aufgrund der ausgewerteten Unfälle in Deutschland mit 2,9*10-4 pro Fahrzeug (3 von 10.000 in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen) und Jahr abgeschätzt und ist damit ein relevantes Merkmal zur Beurteilung der Produktsicherheit von Fahrzeugen. Die Aufprallgeschwindigkeit von 40 km/h wurde als kritische Aufprallgeschwindigkeit evaluiert, da einerseits eine Schädigung entsprechender Bauteile der Klimaanlage zu erwarten ist, andererseits aber noch genügend große Freiräume (Luftvolumen) im Motorraum vorhanden sind, um die für die Entzündung notwendigen Mischungsverhältnisse in relevanten Mengen zu ermöglichen. Dieses Setup wurde sowohl in Befragungen
der Fahrzeughersteller als auch durch die CRP-Gruppe der SAE bestätigt.

In einer zweiten Versuchsphase soll dann Kältemittel durch die im Crash beschädigten originalen Systemkomponenten ausströmen und auf Entflammung und Fluorwasserstoffbildung untersucht werden.
Parallel zum Kältemittel soll Motorkühlmittel aus dem beschädigten Radiator ausgeströmt werden, um auch diesen Einfluss auf ein mögliches Gefahrenereignis zu berücksichtigen. Da aus den Versuchen der Automobilindustrie bekannt ist, dass nur sehr hohe Temperaturen im Motorraum zu einer Kältemittelentflammung führen können, sollen dazu die Testfahrzeuge nach dem Crash wieder fahrbereit hergestellt und durch Fahren mit einem Bremsanhänger auf hohe – in Vorversuchen bei schneller Autobahnfahrt ermittelte – realistische Betriebstemperaturen gebracht werden. Anschließend wird das Fahrzeug abgestellt und Kältemittel aus der Klimaanlage durch die im Crash beschädigten Bauteile ausgeströmt. Dabei wird die Bildung von Flammen und Fluorwasserstoff messtechnisch überwacht und über Kameras dokumentiert.

4. Auswahl Testfahrzeuge

Nach den Grundsätzen der Produktsicherheit wurden zunächst die Fahrzeuge ausgewählt, welche die größte Marktdurchdringung und –relevanz aufwiesen. In Betracht kamen nur Fahrzeuge, die auf Basis ihrer Typgenehmigung R1234yf als Klimaanlagenkältemittel verwenden. Eine Risikodiskriminierung der Fahrzeuge nach ihrer Konstruktion war nicht möglich, da Versuche von Fahrzeugherstellern und dem VDA gezeigt hatten, dass sich eine Kältemittelentflammung nicht auf einzelne Motor- und Antriebskonzepte beschränkt. Insofern wurden alle entsprechend ausgerüsteten, zugelassenen Fahrzeuge zum Zeitpunkt 01.04.2013 in Deutschland betrachtet und jeweils ein Fahrzeug der vier zulassungsstärksten Fahrzeugtypen ausgewählt. Nach Möglichkeit wurde dabei innerhalb des gewählten Typs jeweils die Variante ausgewählt, die aufgrund ihres Motorkonzeptes die höchsten Betriebstemperaturen erwarten ließ, d.h. kleinvolumiger Ottomotor nach Möglichkeit mit Abgasturbolader. Ausgewählt wurden zwei Fahrzeuge mit und zwei Fahrzeuge ohne Abgasturbolader.

5. Testdurchführung

Nach der Auswahl der Fahrzeugtypen wurden die einzelnen Testfahrzeuge handelsüblich auf dem Markt über den Technischen Dienst gekauft. Anschließend wurden die betroffenen Fahrzeughersteller in Kenntnis gesetzt und zu einer Informationsveranstaltung und Vorführung der Fahrzeuge am 24.05.2013 in Köln eingeladen. Neben den Projektbeteiligten und betroffenen Herstellern nahmen auch die diese vertretenden Verbände VDA und VDIK sowie eine Vertreterin der Europäischen Kommission teil und wurden über Ziel und Motivation der Tests, Fahrzeugauswahl, Auswahl des Crash-Szenarios, Testablauf sowie Durchführung der HF-Messungen informiert. Die Vorführung der Fahrzeuge diente dazu sicherzustellen, dass die zu testenden Fahrzeuge keine abnormen Besonderheiten aufwiesen.

Die Fahrzeuge wurden vom TÜV Rheinland für die anstehenden Versuche vorbereitet, die Temperaturmesstechnik
eingebaut und auf der Autobahn unter Volllast Temperaturverläufe aufgenommen, die beim Ausströmtest des Kältemittels wieder eingestellt werden sollten.

Am 10. und 11.06.2013 fanden die Crash-Tests mit den vier ausgewählten Fahrzeugen auf den Anlagen des TÜV Rheinland statt. Die Fahrzeuge wurden nach den Versuchen untersucht und in Teilen zerlegt, um die Schäden an den Klimaanlagen zu ermitteln. Am 28.06.2013 wurden die Fahrzeughersteller jeweils gesondert über die entstandenen Schadensbilder und das weitere Vorgehen bei den geplanten Ausströmversuchen informiert.

Die Fahrzeuge wurden abhängig vom Schadensbild der Crashtests für den Ausströmversuch verschiedenen Stufen zugeordnet, dabei wurden nur Stufe 1 und 2 als relevant für eine Risikobewertung hinsichtlich der Produktsicherheitsbestimmungen angesehen, weil nur ihnen die notwendige konkrete Eintrittswahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann.

1. Stufe - Empirisch nachgewiesene Beschädigungen

2. Stufe - Minimale Extrapolation der Beschädigungen innerhalb der bekannten Ergebnisstreuung

3. Stufe - Größere Extrapolation der Beschädigungen zur Absicherung der Erkenntnisse

Bei den Versuchen zur ersten Stufe wurde das Kältemittel nur durch die Bauteile ausgeströmt, die im vorangegangenen Crashversuch leck geschlagen waren. In der zweiten Stufe wurden auch Bauteile zum Ausströmen verwendet, die zwar im Crashversuch beschädigt waren aber dicht geblieben sind, von denen aber – auch durch Herstellerversuche - bekannt ist, dass sie im Rahmen der Ergebnisstreuung durch Bauteiltoleranzen o.ä. bei vergleichbaren Versuchen leck geschlagen sind. Die dritte Stufe dient der Ergebnisabsicherung. Hier wurden Beschädigungen an Klimaanlagenbauteilen betrachtet, bei denen davon ausgegangen wird, dass sie zwar im neuen Zustand bei den gewählten Crashbedingungen dicht bleiben, von denen aber angenommen wird, dass sie bei schärferen Bedingungen, wie etwa Alterung des Leitungsmaterials und / oder höheren Aufprallgeschwindigkeiten, zerstört werden. Weiterhin wurden höhere Temperaturen im Motorbereich in Erwartung zukünftig zu erwartender
Motorenentwicklung zugrunde gelegt, wie z.B. den Einsatz von aufgeladenen Motoren bei den Testfahrzeugen, die in diesem Versuch mit einem Saugmotor ausgerüstet waren.

Die Versuchsbedingungen der dritten Stufe dienten dazu, das Versuchsergebnis generell in Richtung schwererer Unfälle abzuschätzen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und Signifikanz jedoch nicht bestimmt wurden. Sie geben Hinweise auf weiteren Untersuchungsbedarf.
Insofern können die Stufen 1 und 2 für die Beurteilung einer möglichen Gefährdung im Rahmen der gesetzlich festgelegten Aufgaben als Produktsicherheitsbehörde (Bewertung des konkreten Produktes) heran gezogen werden. Die Stufe 3 dient dagegen einer allgemeinen Risikoabschätzung. Damit soll geprüft werden, ob die derzeitigen Sicherheitsanforderungen ausreichend sind.

Die Ausströmversuche fanden in der 28. Kalenderwoche auf dem Prüfgelände der BAM in Baruth/Mark statt. In den einzelnen Stufen wurden insgesamt 22 Versuche durchgeführt. Die Fahrzeuge wurden mittels eines Bremsanhängers auf die in Vorversuchen bei schneller Autobahnfahrt ermittelte Betriebstemperatur abzüglich 50 Grad Celsius gebracht und auf dem Versuchsplatz abgestellt. Bei stehendem Fahrzeug wurden daraufhin unmittelbar jeweils die Ausströmer geöffnet. Die genannte Temperaturdifferenz von 50 Grad Celsius beruht auf der Annahme, dass ein Fahrzeug, welches aus einer schnellen Autobahnfahrt heraus mit ca. 40 km/h auf ein Stauende auffährt, sich während des Abbremsvorganges ohne Last entsprechend abkühlen kann.

6. Ergebnisse

Die Crashversuche haben gezeigt, dass bei allen 4 Fahrzeugen zumindest der Kondensator beschädigt wurde. Darüber hinaus gab es weitere Beschädigungen unterschiedlicher Ausprägung an den Kältemittel führenden Komponenten.

Bei den Versuchen in den Stufen 1 und 2 traten bei keinem der getesteten Fahrzeuge Entflammungen auf, bei einigen Messungen in diesen Stufen wurden geringe, nichtkritische Konzentrationen (Anhang A5 BfR Bundesinstitut für Risikobewertung) von pyrolytisch entstandenem Fluorwasserstoff gemessen.

Bei den Versuchen in Stufe 3 kam es in zwei Versuchen zur vollen Entflammung im Motorraum (V15 und V18, Anhang A1 TÜV-Rheinland), hierbei wurden erhebliche Mengen an Fluorwasserstoff gemessen. In zwei weiteren Fällen der Stufe 3 kam es zur Messung von Fluorwasserstoffkonzentrationen in nicht vernachlässigbarer Größenordnung (Anhang A5 BfR) ohne erkennbare Flammenbildung (V20 und V22, Anhang A1 TÜV-Rheinland).

In den Fällen der vollen Entflammung im Motorraum wurde der Brand durch die vorher installierte CO2
Löschanlage gelöscht. Der Komplementärversuch mit Einsatz von R134a führte weder zum Brand noch zu einer signifikanten Fluorwasserstoffbildung, noch zu einem anderen Gefahrenereignis.

Die gemessenen HF-Konzentrationen sind für die Versuche 15 und 18 der vollen Entflammung, sowie der Versuche 20 und 22 als kritisch einzuschätzen, (Pkt. 3.3, Anhang A5 BfR) sofern ein Mensch diesen Konzentrationen ausgesetzt wird und diese einatmet. Es wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Messungen innerhalb des Motorraumes stattfanden, in der Fahrzeugumgebung kann von einer schnellen Abnahme der Konzentration ausgegangen werden. Im Fahrzeuginnenraum konnte in keinem Fall HF nachgewiesen werden, jedoch konnte aufgrund angewandten Messprinzips die Messung nur für ca. 30 Sekunden ab dem Beginn des Ausströmens durchgeführt werden. Evtl. nach dieser Zeitspanne aufgetretene HF Konzentrationen wurden demnach nicht erfasst.

7. Fazit und weitere Schritte

Die Auswertung der Versuchsergebnisse bestätigt im Wesentlichen die Aussagen des Vorabberichtes.
Es lässt sich weiterhin folgendes zusammenfassen:

Aufgrund der Ergebnisse in den Stufen 1 und 2 (keine Entflammung und keine kritische Fluorwasserstoffkonzentration) liegen keine hinreichenden Nachweise vor, die den Verdacht auf das Eintreten einer ernsten Gefahr im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes bei den hier getesteten Fahrzeugtypen soweit erhärten, dass unmittelbar eingreifende Maßnahmen nach dem Produktsicherheitsgesetz ProdSG durch das KBA als Produktsicherheitsbehörde angezeigt wären. Der Eintritt eines beschriebenen Gefahrenereignisses kann jedoch nicht vollends ausgeschlossen werden, eine signifikante Eintrittswahrscheinlichkeit konnte dazu aber nicht ermittelt werden. Selbstverständlich besteht für etwaige Fälle auch weiterhin die Verantwortung der Hersteller für die Sicherheit ihrer Produkte.

Aufgrund der Vergleichsmessungen mit dem bisherigen Kältemittel R134a in Stufe 3 bleibt festzuhalten, dass das generelle Sicherheitsniveau von Kraftfahrzeugen durch den Einsatz von R1234yf tendenziell verschlechtert wird, da beim Einsatz von R134a während des Tests keinerlei kritisches Schadensereignis erzeugt werden konnte.
Durch die funktionsbedingte Lage von Klimaanlagenkomponenten in crashrelevanten Zonen des Fahrzeugs (Front-Kondensator und Kältemittelleitungen) könnte es zu Fahrzeugbränden in Situationen kommen, die es in bisherigen Fahrzeugen zurzeit nicht gibt. Andere brennbare Stoffe sind in heutigen Fahrzeugkonstruktionen möglichst crashsicher angeordnet (z.B. Kraftstoffleitungen im hinteren Bereich des Motorraumes). Insofern steht der Einsatz von R1234yf im Widerspruch zu den intendierten europäischen Zielen der Verringerung der Gefährdungen im Straßenverkehr.

Da nach wie vor nicht vollständig bekannt ist, unter welchen Bedingungen und mit welchen Faktoren es zu einer Kältemittelentflammung und Fluorwasserstoffexpositionen in Kraftfahrzeugen kommen kann, das Eintreten eines solchen Ereignisses aber unmittelbar zu einer ernsten Gefährdung für die Gesundheit von Fahrzeuginsassen und Ersthelfern führt, wird mit Nachdruck empfohlen, die Umstände weiter zu untersuchen. Gegenstand dieser Untersuchung sollte ebenfalls sein, ob diese Erkenntnisse zukünftig in das Genehmigungsverfahren von Fahrzeugen aufgenommen werden und Sicherheitsanforderungen für Fahrzeugklimaanlagensysteme gesetzlich festgelegt werden sollten.
Da Typgenehmigungsvorschriften auf europäischem Recht basieren, stehen das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und das KBA diesbezüglich in Kontakt mit der Europäischen Kommission, um weitere Schritte festzulegen.

8. Zusammenfassung

Im Rahmen der Produktsicherheitsuntersuchung zu möglichen Gefährdungen durch Klimaanlagen in Fahrzeugen konnte das KBA vor der Durchführung eigener Tests nicht ausschließen, dass mit der Verwendung des Kältemittels R1234yf ein generelleres Sicherheitsproblem vorliegt. Mit dem Ziel weitere Erkenntnisse zu gewinnen, hat das KBA eigene Untersuchungen initiiert und geleitet. Die unabhängigen Untersuchungen und Tests wurden durch einen vom KBA benannten Technischen Dienst durchgeführt und von Behörden und Forschungseinrichtungen des Bundes begleitet. Auf dieser Grundlage wurde eine erweiterte Beurteilung des Sicherheitsrisikos beim Einsatz des Kältemittels
R1234yf in Pkw-Klimaanlagen durchgeführt.

Für die Versuche wurde zunächst jeweils ein Fahrzeug aus den vier zulassungsstärksten Fahrzeugtypen ausgewählt, die mit dem Kältemittel R-1234yf typgenehmigt waren. Die Fahrzeuge wurden in einem realitätsnahen Versuchsaufbau in Anlehnung an die ECE-Regelung 94 mit einer Aufprallgeschwindigkeit von 40 km/h gecrasht und anschließend deren Kältemittelkomponenten auf Beschädigungen untersucht. Danach wurden entstandene Beschädigungen in separaten Ausströmversuchen von Kältemittel bei heißgefahrenem Fahrzeug simuliert und auf Brandentstehung und HF-Exposition untersucht.

Die Versuche haben im Ergebnis keine hinreichenden Nachweise ergeben, die den Verdacht auf das Eintreten einer ernsten Gefahr im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes bei den hier getesteten Fahrzeugtypen soweit erhärteten, dass unmittelbar eingreifende Maßnahmen nach dem ProdSG durch das KBA angezeigt wären.

Gleichwohl sind bei weiteren durch das KBA ergänzend zu den Produktsicherheitsuntersuchungen durchgeführten Versuchen Entflammungen und Fluorwasserstoffexpositionen festgestellt worden, Vergleichsversuche mit R134a blieben hingegen ohne kritische Ereignisse.

Dies ist ein deutlicher Hinweis auf eine weitergehende Problematik des Kältemitteleinsatzes von R1234yf in Klimaanlagen von Kraftfahrzeugen. Es wird daher aus übergeordneten Sicherheitserwägungen heraus mit Nachdruck empfohlen diese weiter zu untersuchen, um potenzielle Risiken besser bewerten zu können.

9. Anhang

- A1-Bericht TÜV-Rheinland
- A2-Bericht BASt
- A3-Übersicht KBA Zulassungszahlen (als Grundlage zur Fahrzeugauswahl)
- A4-Berichte BAM: Gasanalyse, Zündverzugszeit,
- A5-Stellungnahme BfR