EUCARIS startete Anfang der 90er Jahre als Kooperation zwischen nationalen Verkehrsregisterbehörden. Ziel war es, die Bekämpfung des grenzüberschreitenden Fahrzeugdiebstahls und die Eindämmung des Führerscheintourismus durch den Austausch von Fahrzeug- und Führerscheindaten wirkungsvoll zu unterstützen.
Am 29. Juni 2000 schlossen fünf Staaten (Großbritannien und Nordirland, Belgien, Luxemburg, Niederlande und Deutschland) den EUCARIS-Vertrag über ein europäisches Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem. Für Deutschland nimmt das KBA mit dreien seiner Register (Zentrales Fahrzeugregister, Zentrales Fahrerlaubnisregister, Fahreignungsregister) an dem Datenaustausch teil.
Neben den Verfahren auf Basis des EUCARIS-Vertrags gibt es zwischenzeitlich weitere Funktionalitäten, die das EUCARIS-System als technische Plattform nutzen:
Am 27. Mai 2005 schlossen sieben EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich) im rheinland-pfälzischen Prüm ein zwischenstaatliches Abkommen. Es dient der verbesserten Zusammenarbeit und dem Informationsaustausch der Vertragsstaaten im polizeilichen Bereich auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung und der Verfolgung grenzüberschreitender schwerer Kriminalität.
Der Prümer Vertrag regelt die Vernetzung von DNA-, Fingerabdruck- sowie Fahrzeugdatenbanken. Berechtigte Polizei- und Strafverfolgungsbehörden erhalten über ihre nationale Kontaktstelle direkten Zugriff. Im Bereich der Fahrzeugregisterdaten erfolgt der Abruf über ein speziell dafür eingerichtetes Verfahren unter Nutzung des EUCARIS-Systems. Der Einsatz des EUCARIS-Systems wurde damit vom Datenaustausch im rein administrativen Bereich auf den polizeilichen und justiziellen Bereich ausgedehnt. Mittlerweile wurde das multilaterale Prümer Abkommen in den EU-Rechtsrahmen überführt (Ratsbeschlüsse 2008/615/JHA und 2008/616/JHA). Damit wurde der Einsatz des EUCARIS-Systems für diesen Bereich auf alle 27 EU-Mitgliedstaaten ausgeweitet.
Aktuell und für die nächsten Jahre sind weitere Einsatzfelder des EUCARIS-Systems vorgezeichnet:
- Auf Basis der 3. EU-Führerscheinrichtlinie wird derzeit ein europäisches Führerscheininformationssystems (EReg - RESPER) eingerichtet. Dieses ermöglicht vor Ausstellung eines Führerscheins eine Abfrage in den EU-Mitgliedstaaten, ob dort bereits eine Fahrerlaubnis ausgestellt oder entzogen wurde.
- Ebenfalls aktuell im Aufbau befindet sich eine europäische Vernetzung von Unternehmensregistern für Transportunternehmen (EReg - ERRU). In Deutschland wird dieses Register beim Bundesamt für Güterverkehr (BAG) geführt. Für den gegenseitigen internationalen Datenaustausch wird die EUCARIS-Plattform genutzt.
- Ferner wurde aufgrund EU-Richtlinie 2011/82/EU der europäische Datenaustausch zur grenzüberschreitenden Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten, die die Straßenverkehrssicherheit gefährden, eingerichtet.
- Mit der Realisierung von „eCall“ (emergency calls) über EUCARIS werden Rettungskräfte bei Verkehrsunfällen künftig noch schneller und sicherer Hilfe leisten können. Im Fall eines Unfalls sendet das Fahrzeug automatisiert einen Notruf an die nächste Rettungsleitstelle. Über EUCARIS werden anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer oder des Kennzeichens die Fahrzeugdaten des verunfallten Fahrzeugs ermittelt. Die Rettungskräfte wissen so frühzeitig, um welches Fahrzeug es sich handelt. Entsprechendes Rettungsgerät kann sofort beschafft werden und es steht fest, wo sich im Fahrzeug für Retter und Verunglückte potentiell gefährliche Ausrüstungsgegenstände befinden.
Da das EUCARIS-System den Staaten eine erprobte und fast beliebig erweiterbare Plattform für den Datenaustausch bietet, ist zu erwarten, dass auf der technischen Plattform EUCARIS in der Zukunft noch weitere Verfahren realisiert werden. Über den Einsatz eines neu entwickelten, so genannten „Brokers“ ist es darüber hinaus möglich, das EUCARIS-System mit anderen Systemen zu verknüpfen.